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Die Haltung
Die Haltung
Warum ist das Thema Haltung so wichtig?
Kaum ein Thema ist für ein Pferd mit Sommerekzem so
von Bedeutung, wie die auf seine Bedürfnisse angepasste
Haltung, denn nicht optimale Haltung kann zur
drastischen Verschlimmerung des Zustandes führen. (Ein
Pferd, dessen Paddock direkt an einen Misthaufen grenzt,
oder in einem Offenstall neben einem stehenden Tümpel
lebt, ist praktisch nicht therapierbar. Hier kann es
maximal zu einer Einschränkung der Symptome kommen
und das Pferd leidet stark darunter, den Kriebelmücken
zu sehr ausgesetzt zu sein.)
Oberstes Gebot beim Thema Haltung eines Ekzemers ist die optimierte Vermeidung des Kontaktes mit der
allergieauslösenden Kriebelmücke. Um zu verstehen, wie man diesen vermeiden kann, muss man die Mücke
selbst verstehen. Deshalb habe ich ihr eine eigene Informationsseite gewidmet. Unter Vermeidung des
Kontaktes ist jedoch keinesfalls zu verstehen, dass ein Ekzemer 24 Stunden am Tag im Stall stehen muss! Das ist
weder nötig noch im Sinne des Pferdes.
Unabhängig von der Haltungsform ist die Lage des Stalls sehr entscheidend. Optimal wäre, wenn der Stall in
einer eher windigen Gegend liegt, ohne Wälder und Bäche in der Umgebung. Der Misthaufen sollte sich
grundsätzlich so weit weg wie möglich vom Aufenthaltsbereich des Pferdes befinden und ungepflegte, feuchte
Weiden müssen vermieden werden. Weiters ist auch auf die Gepflegtheit des Stalls allgemein und der
(geschlossenen und offenen) Aufenthaltsbereiche des Pferdes zu achten. Denn ungepflegte Stallanlagen ziehen
naturgemäß schon mehr Ungeziefer und Parasiten an als gepflegte.
Welche Haltungsformen sind geeignet?
Aus der Sicht eines Pferdes mit Sommerekzem haben die verschiedenen Haltungsformen Vorteile und Nachteile.
Egal welche Haltungsform – es sollte immer dringend darauf geachtet werden, dass sich das Pferd jederzeit
unter einen Unterstand oder in einen Stall selbstständig zurückziehen kann wenn es nötig wird. (Kriebelmücken)
Haltungsform Box oder Paddock-Box
Vorteil dieser Haltungsform ist, dass sich im Stall keine Kriebelmücken befinden, da sich diese nicht in
geschlossenen Räumen aufhalten. Das Pferd ist dort somit optimal geschützt.
Nachteil: Man kann sein Pferd nicht 24 Stunden am Tag im Stall stehen lassen. Die große Schwierigkeit besteht
nun darin, dem Pferd seinen Auslauf und seinen Weidegang zu ermöglichen, aber zu Zeiten, in denen nicht die
Hauptflugzeiten der Kriebelmücken sind. Die Hauptflugzeiten sind die Morgen- oder
Abenddämmerungsstunden, also genau die Stunden, die im Hochsommer wegen der nachlassenden Hitze und
Bremsen für andere Pferde erträglich sind. Für einen Ekzemer jedoch ist es eine Plage! Was bedeutet das in der
Praxis? Im Hochsommer, bei schönem Wetter darf das Pferd nur von ca. 23:00 bis 05:00 auf die Koppel, insofern
am Tag einfach die Hitze zu groß ist!
An windigen, kühleren oder regnerischen Tagen kann das Pferd aber ohne weiteres zu jeder Uhrzeit auf die
Koppel, da unter diesen Bedingungen fast keine Kriebelmücken anzutreffen sind. In jedem Fall ist es dringend zu
empfehlen, dass sich auf der Koppel eines Ekzemers ein geschlossener Unterstand befindet, in den er sich
zurückziehen kann, falls es nötig ist oder das Pferd einen selbstständigen Zugang zum Stall hat. -
Offenstallhaltung
Nachteil: Eine Haltungsform, in der das Pferd der
potentiellen Gefahr immer ausgesetzt ist – ABER das Pferd
lernt meistens schnell, dass ihm Kriebelmücken Schaden
zufügen und es lernt damit umzugehen, indem es sich zu
den Hauptflugzeiten in geschlossene Bereiche
zurückzieht. (So wie alle Pferde sich instinktgesteuert auch
vor Bremsen zurückziehen wenn sie die Möglichkeit dazu
haben.) Vorsicht aber bei ungepflegten Offenställen! Hier
kann es zu wahren Brutstätten für Kriebelmücken und
Ungeziefer kommen!
Vorteil: Da sich das Pferd in dieser Haltungsform immer frei bewegen kann, fällt der organisatorische Aufwand
mit den Weidezeiten weg und das Pferd kann immer selbstständig einen schützenden Bereich aufsuchen, wenn
es nötig ist. (Schlafhalle, Unterstände, etc.) Idealerweise verfügt der Offenstall auch über eine Koppel, die
durchgehend (auch nachts) begehbar ist.
Meine persönliche Erfahrung zum Thema Haltung
Mein Pferd lebt in einem großen, sehr gepflegten Offenstall gemeinsam mit rund 20 anderen Pferden in einer
Herde, in dem er sich den ganzen Tag völlig frei bewegen kann. In dieser Haltungsform ist er zwar mehr oder
weniger ständig der potentiellen Gefahr der Mücken ausgesetzt, er hat jedoch sehr schnell herausgefunden,
dass ihm Kriebelmücken schaden und stellt/legt sich zu den Hauptflugzeiten in das Schlafhaus oder unter einen
der Unterstände rund um den Stall. (Er kann selbständig entscheiden wann er den geschützten Bereich verlässt
und wann er in der Halle oder unter einem Unterstand bleibt.) In seinem Stall sind im Sommer die Weiden Tag
und Nacht offen, sodass mein Pferd auch mal um Mitternacht auf die Koppel spazieren kann, wenn er es gerade
möchte.
Ich persönlich bin von den Vorzügen dieser Haltungsweise überzeugt, doch am Anfang (im Jahr 2011) kamen bei
mir auch Fragen auf, ob Offenstallhaltung für einen Ekzemer wohl wirklich das Beste ist – vor allem aufgrund
verschiedener Ratschläge von Bekannten.
Aus Verzweiflung stellte ich mein Pferd im Sommer 2011 in einen Stall mit Paddock-Box. Im Nachhinein eine
schlechte Entscheidung, da er diese Haltungsform nie gewohnt war (er wuchs auf einer Alm auf und war später
beim Züchter in einem Offenstall). Nun hatte er sehr viel weniger Bewegungsfreiheit und
Beschäftigungsmöglichkeiten, was ich auch durch tägliche Besuche nicht ausgleichen konnte. Ein unglückliches
Verhalten war die Folge. (Psychische Probleme wirken sich oft zusätzlich begünstigend auf Hautprobleme aus.)
Sein Sommerekzem war rückwirkend betrachtet damals um einiges schlimmer als in allen Saisonen danach, die
er wieder im Offenstall verbrachte.
Doch nicht nur die Haltungsform an sich – vor allem die Lage des Stalls und
die Weidezeiten waren mehr als suboptimal. Seine Paddock Box grenzte
direkt an einen improvisierten Misthaufen und die Gegend war relativ stark
bewaldet und windstill. Zudem kam er während der Dämmerungsstunden
auf die Koppel, die über keinen Unterstand verfügte. Sehr schwere Fehler
bei der Haltung eines Ekzemers, doch damals wusste ich noch nicht so gut
Bescheid und hatte auch nur bedingt Einfluss auf das Stallmanagement.
Nach nur 3 Monaten stellte ich ihn wieder weg, zurück in den Offenstall, in
dem er vorher gewesen war, und in dem er heute noch lebt. Meine eigene
Erfahrung zeigt mir, dass es sehr gut möglich ist einen Ekzemer in einem
Offenstall zu halten, wenn man das will und wenn es sich dabei um einen
gepflegten, gut geführten Stall handelt.
Die Idee vom “idealen Ekzemerstall”
Abgesehen davon, dass die Lage eines idealen Stalls für einen Ekzemer hoch oben in den Bergen oder am Meer
liegt, da dort keine Kriebelmücken vorkommen, kann die Lage in unseren Breitengraden auch so gewählt
werden, dass sie nahezu perfekt ist.
Ideal wäre ein Stall in einer windigen Gegend, wo stets ein kleines Lüftchen weht. Keine Wälder oder Bäche
herum, jedoch gelichtete Sträucher (für die Vögel) und der Misthaufen ist weit weg vom Aufenthaltsbereich der
Pferde. Je kriebelmückenfeindlicher die Lage gewählt wird, desto besser!
Der Stall und die Aufenthaltsbereiche des Pferdes sind sauber und gepflegt - mehrmals täglich wird ausgemistet.
Gefüttert wird hochwertiges Heu. Gras wird nur in Maßen angeboten, da frisches Gras meist viel Eiweiß enthält.
Die Pferde verfügen selbstständig über einen Zugang zu schützenden Unterständen/ Hallen oder dem Stall. Der
überdachte, geschlossene Aufenthaltsbereich sollte gut isoliert sein – kühl im Sommer und warm im Winter.
Dort ist auch der Schlafbereich der Pferde. Die Eingänge sind mit Pendeltürfolien behängt, sodass auch Fliegen
oder sonstiges Ungeziefer nicht so leicht hinein kommen.
Es gibt mehrere Fressbereiche mit Heu und Stroh, wobei einige davon im geschlossenen Aufenthaltsbereich
liegen. (Das Pferd soll nicht dazu gezwungen werden, zu den Hauptflugzeiten die Halle zu verlassen, wenn es
Hunger hat.)
Die Koppeln sind Tag und Nacht geöffnet, das Pferd kann die Weide verlassen und begehen wann es will. Die
Koppeln selbst sind sehr gepflegt, werden nicht gedüngt und werden regelmäßig abgemistet.
Alle Säulen, Kanten und Ecken des Stalls sind abgerundet, sodass, wenn sich das Pferd doch einmal kratzen
muss, die Haut nur minimal beansprucht wird. Denn es darf nicht versucht werden, das Pferd am Kratzen zu
hindern. Ganz im Gegenteil, es sollen geeignete, ungefährliche Kratzmöglichkeiten angeboten werden (z.B. an
Wänden befestigte Büsten), die die Haut nicht zusätzlich schädigen.